Versicherungsrecht

Staatliche Entschädigung für Verzögerung

Staatliche Entschädigung für Verzögerung eines Gerichtsverfahrens durch kranken Richter. Der Staat schuldet Rechtsuchenden eine ausreichende personelle und sachliche Ausstattung der Justiz. Dazu gehören personelle Vorkehrungen für Erkrankungen des richterlichen Personals und andere übliche Ausfallzeiten. Diese müssen insbesondere eine wirksame Vertretung und falls erforderlich eine zügige Umverteilung der Geschäfte ermöglichen. Verzögert sich das Verfahren trotzdem wegen der Erkrankung des zuständigen Richters, können Betroffene Entschädigung verlangen, soweit deren sonstige Voraussetzungen vorliegen. Das Bundessozialgericht hat dem Kläger deshalb weitere 300 Euro Entschädigung zugesprochen. Das Landessozialgericht als Vorinstanz hatte drei Monate der krankheitsbedingten Verzögerung pauschal als Fall höherer Gewalt angesehen und insoweit eine Entschädigung abgelehnt. Aufgrund des von ihm erstrebten Revisionsurteils erhält der Kläger jetzt insgesamt 2800 Euro Entschädigung für seinen immateriellen Schaden. Der Kläger hatte 4700 Euro Entschädigung verlangt, weil sein Klageverfahren beim Sozialgericht Berlin gegen die Bundesagentur für Arbeit über den Erlass einer Darlehensschuld mehr als viereinhalb Jahre gedauert hatte. Die lange Verfahrensdauer beruhte unter anderem auf erheblichen Krankheitszeiten des zunächst zuständigen Kammervorsitzenden.

Bundessozialgericht B 10 ÜG 2/20 R

Sturmschaden: Efeu an Fassade nicht versichert

Sturmschaden: Efeubewuchs der Fassade ist nicht versichert. Wird eine Gebäudewand dadurch beschädigt, dass ein Efeubewuchs durch einen Sturm von der Fassade abgerissen wird, wirkt der Sturm nicht unmittelbar auf das versicherte Gebäude ein. Der Efeubewuchs der Fassade ist im Streitfall nicht versichert; er wird insbesondere nicht "für die Instandhaltung des Gebäudes genutzt".
OLG Hamm, Beschluss vom 03.06.2022 - 20 U 173/22

Betriebsschließungsversicherung nur in Lockdown II

Betriebsschließungsversicherung greift erst im zweiten Lockdown. Die Regelung in der Klausel Ziff. 3.4 BBSG 19 ("Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe"), wonach meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind, ist unklar i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann den durchschnittlichen Versicherungsnehmer jedenfalls auch zu dem Verständnis führen, dass der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls maßgeblich ist.*) Nach den Regelungen in Ziff. 3.1, 3.4 BBSG 19 setzt der Eintritt des Versicherungsfalls die namentliche Nennung der Krankheit oder des Krankheitserregers in den §§ 6 und 7 IfSG im Zeitpunkt der Betriebsschließung voraus. Eine Erweiterung der Meldepflicht für in diesen Regelungen nicht namentlich genannte Krankheiten und Krankheitserreger durch eine auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 IfSG erlassene Rechtsverordnung genügt nicht.*)
BGH, Urteil vom 18.01.2023 - IV ZR 465/21

Kfz-Diebstahl beweisen können...

Beweis des Kfz-Diebstahls durch strafrechtliche Verurteilung des Täters. Beweiserleichterung bei versicherten Kfz-Diebstahl setzt Nachweis des Abstellens und anschließendes Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs voraus. Für den erleichterten Nachweis eines versicherten Kfz-Diebstahls genügt es, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass er das Fahrzeug an einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat und zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt an diesem Ort nicht wieder aufgefunden hat. Zudem kann der Kfz-Diebstahl durch die strafrechtliche Verurteilung des Täters bewiesen werden. Dies hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Versicherungsnehmer begehrte wegen eines behaupteten Diebstahls seines Fahrzeugs Leistungen aus seiner Kaskoversicherung. Der Versicherungsnehmer gab an, sein Fahrzeug an einem Abend im April 2019 gegenüber seinem Wohnhaus abgestellt und am nächsten Morgen, als er seinen Sohn gegen 7.30 Uhr zur Schule fahren wollte, nicht wieder aufgefunden zu haben. Zudem wurde ein Mann ein Jahr später rechtskräftig unter anderem wegen des Diebstahls des Fahrzeugs strafrechtlich verurteilt. Trotz dessen verweigerte die Versicherung die Versicherungsleistung, so dass der Versicherungsnehmer Klage erhob. Das Landgericht Dresden gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Versicherung. Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Dem Kläger stehe der Anspruch auf Versicherungsschutz durch die Kaskoversicherung zu. Er müsse nicht den Diebstahl <https://www.recht-aktuell.de/aktuell/Diebstahl> seines Fahrzeugs an sich beweisen. Es genüge bereits der Nachweis, dass das versicherte Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt wurde und zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt an diesem Ort nicht wieder aufgefunden werden konnte. Diesen Nachweis habe der Kläger erbracht. Zudem sei der Kfz-Diebstahl durch die strafrechtliche Verurteilung des Täters bewiesen worden, so das Oberlandesgericht. Das Strafurteil stelle einen Urkundenbeweis dar.
Oberlandesgericht Dresden,Beschluss vom 20.06.2022 - 4 U 87/22 -